Selbstverständnis

Die Migrantifa Weimar hat sich im Juni 2020 gegründet und ist eine lokale Gruppe von verschiedenen (post-)migrantischen Menschen, die sich alle komplett neu organisieren. Einige von uns machen schon seit vielen Jahren antifaschistische/ antirassistische Politik, andere wiederum fangen mit ihrem Engagement erst an. Wir wollen gemeinsam einen Raum schaffen, in dem wir uns für den Widerstand empowern und Kraft gewinnen können für den kollektiven Kampf gegen Rassismus, Faschismus, (Neo-)Kolonialismus und Polizeigewalt. Gleichzeitig soll die Gruppe als Safe Space sowie einer Vernetzung unterschiedlicher Initiativen dienen. Wir möchten politische Bildungsarbeit leisten, zum Beispiel mit Veranstaltungen in Form von Vorträgen, Workshops, Kundgebungen, Demonstrationen und Festen. Wir möchten innerhalb der Stadt präsent sein und mit den Bewohner*innen Weimars konstruktiv diskutieren sowie gemeinsam lernen können. Gleichzeitig soll es Interessierten ermöglicht werden, innerhalb der verschiedenen gesellschaftspolitischen Themenbereiche zu arbeiten. Für Kooperationen und Projektbeteiligungen sind wir hierbei offen.

Unser Ziel ist es, kommunale (post-)migrantische Strukturen in unseren Stadtteilen aufzubauen sowie einen antifaschistischen Schutz selbst zu organisieren, um den rassistischen Übergriffen und der Ausbreitung rechter Strukturen einen Einhalt gebieten zu können. Denn jede Praxis gegen Faschist*innen kann Auswirkungen darauf haben, dass diese nicht so weit kommen, uns anzugreifen. Das können wir am besten verhindern, wenn wir schon bevor es soweit ist, ihren Strukturen entgegentreten und sie hindern, überhaupt eine entsprechende Stärke zu erlangen. Denn eine unserer Hauptaufgaben muss es sein, sich selbst und andere Menschen vor Neonazis zu schützen, um nicht mehr als ein Leben in Würde sowie ohne Angst führen zu können. Wir möchten uns mit diesem politischen Vorhaben aus der Vereinzelung befreien, um feste Strukturen aufzubauen, weil wir nur handlungsfähig werden, wenn wir uns verbindlich organisieren. Aus den Erfolgen und Fehlern der Vergangenheit zu lernen, ist nur möglich, wenn wir kontinuierlich gegen den Rechtsruck und die Faschist*innen vorgehen. Eine theoretische Analyse unserer Gegner*innen und zugleich deren Strukturen zu kennen ist eine Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches konkretes Vorgehen. Auch dieses Wissen lässt sich durch stetige Arbeit aneignen. Nur so können wir unsere Position stärken und in die Situation kommen, effektiv rassistische Strukturen anzugehen. Denn es genügt nicht die Faschist*innen in einzelnen Regionen zurück zu drängen. Der Fokus einer antifaschistischen Arbeit und Organisierung muss in der Nachbarschaft liegen und zugleich mit einer überregionalen Perspektive verbunden sein. Auf Grundlage von erprobten Herangehensweisen sind in diesem Kampf verschiedene Aktionsformen notwendig und legitim. Mit dem Aufbau einer starken Migrantifa, die eine kollektive Organisierung mit einer zielorientierten lokalen Praxis entwickelt, möchten wir diesen Anspruch in unsere Stadt tragen.

Um Rassismus zu bekämpfen und hoffentlich eines Tages zu überwinden, müssen wir das gesellschaftliche System verändern, das ihn produziert und reproduziert. Wir begreifen uns als Teil einer progressiven Bewegung für eine solidarische und klassenlose Gesellschaft jenseits des Kapitalismus – denn schon der schwarze Bürger*innenrechtler Malcolm X wusste: „Es gibt keinen Kapitalismus ohne Rassismus“. Ohne den einen Kampf können wir den anderen also nicht gewinnen. 

All das heißt für uns und unsere Freund*innen konkret, dass wir im Alltag sichtbar auftreten, um Rassismus aus unserer Gesellschaft zurückzudrängen. Wir sagen: Es reicht! Unser Widerspruch und Widerstand, darf nicht gelegentlich bleiben. Er muss permanent werden. Lasst uns gemeinsam den Kampf fortführen, den schon viele Generationen vor uns geführt haben. Unsere Antwort ist ein radikaler, (post-)migrantischer und organisierter Antifaschismus. Wir nehmen uns das Recht und die Zeit, uns in Zukunft selbst zu verteidigen. Wir werden nicht warten, bis wir wieder angegriffen werden. Wir bleiben nicht alleine.